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Geschichte der Judaistik

Historischer Werdegang

 

Die Judaistik der Albert-Ludwigs-Universität ist aus einem Lektorat für modernes Hebräisch gewachsen, das 1951 an der Theologischen Fakultät eingerichtet und mit Arnold Maria Goldberg (1928-1991) besetzt wurde. Der in Berlin geborene Arnold Goldberg floh 1940 nach Jugoslawien und anschließend ins damalige Palästina. Er kehrte 1950 nach Deutschland zurück, wo er an der Universität Freiburg promovierte (1957) und sich habilitierte (1965). Seit 1966 vertrat er das Fach der Judaistik als Wissenschaftlicher Rat, bis er 1970 einem Ruf an die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität nach Frankfurt am Main folgte. Seine Forschung und Lehre richtete Arnold Goldberg vorwiegend auf das rabbinische Schrifttum der talmudischen Epoche aus, bekannt ist auch seine Übersetzung der Hebräischen Bibel ins Deutsche. Als Gründer des „Verbandes der Judaisten in der Bundesrepublik Deutschland“ und Mitbegründer der „European Association for Jewish Studies“ hat Arnold Goldberg massgeblich am Wachsen der Judaistik in Deutschland und Europa nach dem Krieg beigetragen.
Auch nach seiner Berufung nach Frankfurt las Arnold Goldberg weiterhin regelmäßig in Freiburg, bis sein Schüler Felix Böhl (1941-2005) die Judaistik, die inzwischen am Orientalischen Seminar angesiedelt war, weiterführte. Felix Böhl promovierte (1971) und habilitierte sich (1974) an der Albert-Ludwigs-Universität, wurde 1980 zum Professor für Judaistik ernannt und lehrte in diesem Rahmen bis 2001. Lehre und Forschung widmete Felix Böhl ebenfalls der rabbinischen Traditionsliteratur, insbesondere dem spätantik-frühmittelalterlichen Midrasch. Eine Erweiterung des Lehrangebotes brachte seit 1991 der israelische Jurist und Judaist Ruben Frankenstein, der bis heute regelmäßig Lehraufträge zu modernem Hebräisch, Jiddisch und zeitgenössischer israelischer Literatur und Kultur anbietet.
Nach verschiedenen Vertretungen übernahm Gabrielle Oberhänsli-Widmer (geboren 1957) im Jahr 2003 die Professur und wurde 2004 auf den Judaistik-Lehrstuhl berufen. Sie führt die Tradition der kulturhistorischen Analyse rabbinischer Texte weiter mit einem Schwerpunkt auf der Wirkungsgeschichte biblischer und rabbinischer Texte in der modernen und zeitgenössischen jüdischen, speziell hebräischen Literatur.

 


Ausrichtung des Studienganges

 

Als wissenschaftliche Disziplin beschäftigt sich die Judaistik mit Kultur, Religion, Literatur, Sprachen und Geschichte des Judentums von den biblischen Anfängen bis in die gegenwärtige Epoche. Nicht nur zeitlich, sondern auch territorial ist das Gebiet äußerst weit, da sowohl Israel als auch die Diaspora Gegenstand von Forschung und Lehre sind. Angesichts des übergroßen Forschungsgebietes setzt die Judaistik der Albert-Ludwigs-Universität zwei Schwerpunkte: einerseits das biblisch-talmudische Schrifttum, welches das Judentum bis in die heutige Zeit massgeblich prägt; andererseits die zeitgenössische israelische Literatur, da durch die Gründung des modernen Staates Israel ein neues Zentrum jüdischen Lebens entstanden ist. Von diesen beiden Polen aus lassen sich sämtliche Themen jüdischer Studien sinnvoll erschließen. Dabei stehen neben dem Quellenstudium kultur- und religionsgeschichtliche Stoffe im Vordergrund. Diese Ausrichtung ermöglicht eine optimale Interdisziplinarität in Lehre und Forschung. Durch die Herausgeber- und Redaktionstätigkeit von Gabrielle Oberhänsli-Widmer in verschiedenen Gremien und bei zwei Fachzeitschriften und aufgrund der vielfältig besetzten Lehraufträge ist ein angeregter wissenschaftlicher Austausch mit der Judaistik im In- und Ausland sowie mit mehreren jüdischen und jüdisch-christlichen Organisationen gewährleistet.

 


Studiengänge

 

Anstatt des inzwischen ausgelaufenen Magisterstudiums Judaistik führt die Albert-Ludwigs-Universität seit 2007 einen B.A. Judaistik in Haupt- und Nebenfach, seit 2010 zudem einen M.A. Judaistik. Dabei bereiten insbesondere die modularisierten Praktika auch auf die möglichen Berufsfelder vor (Journalismus, Editions- und Verlagswesen, Bibliotheken, Museen, Kulturmanagement, Bildungswesen, Kirchliche Organisationen, Tourismus, Übersetzer- und Dolmetscherinstitute, diplomatischer Dienst, internationale und multilaterale Organisationen sowie Nicht-Regierungsorganisationen, Wirtschaftsunternehmen und Lobbyarbeit, jüdische Gemeinden und jüdische Organisationen, Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen).
Möglich ist im Anschluß an den M.A. auch eine Dissertation im Fach.
In Planung ist zudem ein interdisziplinärer M.A. zu den monotheistischen Religionen in Zusammenarbeit mit der Theologischen Fakultät sowie der Islamwissenschaft.