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Kommentar

Die Außenpolitik Irans und seine Beziehung zu Syrien

Um außenpolitische Handlungen Irans in der Region zu verstehen, muss man sie in erster Linie vor dem Hintergrund seines islamisch-revolutionären Selbstverständnisses sehen. So agiert die islamische Republik als Verteidigerin der Muslime, von Zeit zu Zeit auch der Schiiten, besonders aber der Palästinenser (Posch 2013: 14). Wenn im hier vorliegenden Artikel die Rede von Liedern über den „Weg nach Jerusalem“[1] ist, ist die Befreiung Jerusalems und der Palästinenser gemeint.

Die syrisch-iranische Allianz

Das Bündnis zwischen Iran und Syrien ist beinahe so alt wie die islamische Republik selbst. Bei den beiden Bündnispartnern handelt sich jedoch um zwei grundverschiedene Systeme: Auf der einen Seite das säkulare und sozialistische Syrien, das unter der Baath-Partei die Einheit und den Zusammenhalt der arabischen Länder predigte, und auf der anderen Seite die persisch geprägte islamische Republik, die im Islam die einzige Möglichkeit sieht, gegen den Imperialismus zu bestehen. Syrien war 1979 auf einen neuen Verbündeten angewiesen, denn Ägypten hatte den Friedensvertrag mit Israel unterschrieben und im Irak war Saddam Hussein an die Macht gekommen, der sich von Syrien abwandte. Mit der neu gegründeten islamischen Republik Iran konnte Syrien Irak und Israel etwas entgegensetzen, während Iran einen Alliierten im Kampf für die Befreiung Palästinas gefunden hatte, der außerdem an den schiitischen Süden Libanons grenzte (Milani 2013: 79).

Im Iran-Irak Krieg von 1980-1988 stand Syrien als einziges arabisches Land auf der Seite Irans. Dank Damaskus konnte Iran trotz des ihm auferlegten Embargos Waffen erhalten und Syrien blockierte irakische Öl-Pipelines, die einzige Einnahmequelle Saddam Husseins. Im Gegenzug versorgte Iran Syrien mit günstigem Öl.

Die Allianz festigte sich während des libanesischen Bürgerkriegs, als sich Iran mit dem Aufbau der schiitischen Hizbollah Miliz ab 1981/82 einen weiteren Verbündeten schuf, der aktiv in den israelisch-arabischen Konflikt eingreifen konnte. Damaskus stellte den Raum zur Verfügung, in dem Hizbollah-Kämpfer von iranischen Revolutionsgarden trainiert wurden und über den die libanesische Miliz bewaffnet wurde. So sicherte es sich einen weiteren Partner im Kampf gegen Israel in direkter Nachbarschaft.[2]

Seit dem US-amerikanischen Einmarsch in den Irak 2003 verstärkten die beiden Länder ihre Zusammenarbeit, um als „geeinte Front“ mit der neuen Situation umzugehen (Goodarzi 2006: 293). Von der Bush-Regierung mit Sanktionen belegt und 2005 nach der Ermordung al-Hariris aus dem Libanon vertrieben, suchte Baschar al-Assad erst recht den Schulterschluss zu Iran und der Hizbollah (Milani 2013: 83).

Iran, Syrien, Hizbollah und die (sunnitische) Hamas bezeichneten sich selbst als „Achse des Widerstands“, wobei der Widerstand gegen Israel und den „Westen“ gemeint ist. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Achse nicht mehr Propaganda als Realität sei. Vielleicht sei es am besten, sie als „loses Bündnis jener Staaten und Organisationen, die im politischen Gegensatz zu Saudi-Arabien standen“, zu verstehen (Posch 2013: 29).

Die Ereignisse seit 2011 - zunehmende Konfessionalisierung des Konflikts

Die Aufstände Ende 2010/Anfang 2011 in Tunesien, Libyen und Ägypten und die darauffolgenden Umstürze wurden von Iran begeistert begrüßt, unterstützt und als „islamisches Erwachen“ bezeichnet (Milani 2013: 84). Doch als es in Syrien ebenfalls zu Unruhen kam, fand sich Teheran in einer äußerst unangenehmen Situation wieder: Steht Iran seinem langjährigen Verbündeten zur Seite, stünde es in der muslimischen Welt als heuchlerisch und opportunistisch da. Sollte es andererseits tatenlos zusehen und Assad nicht unterstützen, bestünde das Risiko, dass mit einer neuen Regierung Syrien als zuverlässiger Bündnispartner verloren ginge.

Iran entschied sich zunächst dafür, seinem Alliierten Assad beratend zur Seite zu stehen und schöpfte dabei aus seinen Erfahrungen während der Aufstände 2009 im eigenen Land (Goodarzi 2006: 2). Das Eingreifen Irans in den Syrien-Konflikt verstärkte jedoch die Konfessionalisierung des Kriegs, bei dem die alawitische Glaubensgemeinschaft der Assad-Familie mit der Zwölferschia des Iran gleichgesetzt wird.

Die Außenpolitik Irans legitimiert sich aus dem Selbstverständnis als islamischer, nicht schiitischer Staat. Der Revolutionsführer Chamene’i sagte in seiner Rede an iranische Pilger nach Mekka 2014: „Islamic unity is a key slogan for the Islamic Republic of Iran (...) building a wall between the Islamic Republic and the rest of the Muslim world is a trick by the enemies of Muslim unity“ (Akbarzadeh 2015: 49). Allerdings begann Iran Mitte der 2000er Jahre eine breit angelegte schiitische Missionierungskampagne in den arabischen Ländern. So kam es, dass die Beteiligten die jeweils andere Konfession zum Feindbild machten, um mehr Anhänger für die eigene Sache zu rekrutieren. Zum Beispiel verbreitet sich unter Sunniten in Syrien die Angst, durch das Bombardement des Regimes und Irans zur Minderheit zu werden (Becker 2015: 489-90).

In Zeile 8 des Artikels heißt es: „Um Baschar al-Assad an der Macht zu halten und seine Vormacht über die Hauptstadt Damaskus zu sichern und damit sich die Zahl der Hauptstädte, über die die Mullahs Macht bekunden, nicht verringert (...)“. Assad an der Macht in Syrien zu halten wird hier als Teil einer größeren Strategie Irans gesehen, nämlich möglichst viele Regierungen der Region unter seinem Einfluss zu halten. Mit dem Ausdruck „Mullahs“ wird jedoch klar, dass hier ebenso wie der politische auch der religiöse Einfluss gemeint ist. Dieser Logik folgend befinden sich neben Damaskus die schiitische Regierung Bagdads und das stark von der Hizbollah geprägte Beirut bereits unter Einfluss der schiitischen Geistlichkeit.

 

Die Einmischung Irans in den Syrien-Konflikt

Bereits im August 2012 berichtete das Wall Street Journal, Iran habe Kommandanten und hunderte von Infanteristen seiner Eliteeinheit der Revolutionsgarden nach Syrien geschickt.[3] Mit der Zeit wurden immer öfter Berichte über verletzte oder getötete Revolutionsgardisten bekannt, doch Teheran blieb bei der Aussage: die in Syrien tätigen iranischen Funktionäre seien allein zur politischen Beratung dort. 

Die al-Quds-Einheit und Sulaimānī

Al-Quds (arab. für Jerusalem) ist die Eliteeinheit der Revolutionsgarden, zuständig für oft verdeckte Aktivitäten im Ausland. Die Einheit unterhält gute Beziehungen zur Hizbollah in Libanon und trainiert und unterstützt verschiedene schiitische Milizen im Irak, besonders während der Zeit der amerikanischen Besatzung. Seit 1998 wird die al-Quds Einheit von General Qāsim Sulaimānī geführt, der offenbar weitestgehend autonom handelt und mit ausländischen Akteuren kommuniziert (Banerjea 2015: 98-99). Durch seine Aktivität in Syrien hat der General in Iran Prominenten-Status erreicht,[4] wird als Nationalheld gefeiert und von Revolutionsführer Chamene’i sogar als „lebender Märtyrer“ bezeichnet (Nirumand 03/2015: 5).

Im September 2014 gab ein hochrangiger Militär schließlich bekannt, dass Sulaimānī gemeinsam mit den kurdischen Peschmerga die Stadt Erbil erfolgreich gegen den IS verteidigt habe. Ebenfalls im Herbst 2014 war er wohl mit kurdischen Peschmerga im iranischen Fernsehen zu sehen. Iran macht keinen Hehl daraus, Waffen an kurdische Kampftruppen zu liefern, bleibt aber bei seiner offiziellen Position, nur beratend in Syrien und Irak aktiv zu sein (Nirumand 10/2014: 19 und 11/2014: 18).

Seit Anfang 2016 äußern sich allerdings vereinzelt offizielle Stellen der Regierung in Teheran zu iranischen Aktivitäten in Syrien (Nirumand 03/2016 und 06/2016). Die massive Intervention Russlands in Syrien habe seit Herbst 2015 Iran den Weg geebnet, seine Aktionen in Syrien offen und verstärkt durchzuführen (Gupta 2016: 34). Verschiedenen Medienberichten zufolge sei es auch hier Sulaimānī gewesen, der mit Russland ein gemeinsames Vorgehen abgesprochen habe.[5]

Irans Strategie in Syrien

Dahmān wirft Iran in seinem Kommentar vor „keine Strategie“ zu haben und nichts zu tun „außer Menschenansammlungen auf der gegnerischen Seite“ zu bombardieren.[6] Über konkrete Aktionen Irans in Syrien ist so gut wie nichts nachgewiesen. Man kann davon ausgehen, dass iranische Truppen in Syrien aktiv sind und zwar mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur als Berater, wie es Teheran beharrlich darstellt. Darüber sind sich verschiedene Medien und die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte einig. Zudem gibt Iran regelmäßig den Tod iranischer Kämpfer in Syrien bekannt (u.A.: Nirumand 12/2013, 02/2015 oder 07/2016). Gleichzeitig gelingt es Iran, Details seiner Mission in Syrien zu verschleiern. Iranische Medien kommen bis auf wenige Ausnahmen an keine Informationen heran, während Anschuldigungen von Oppositionellen in Syrien kaum verifiziert werden können (Fulton 2013: 10).

Das Ziel Irans ist offensichtlich: seinen wichtigen Verbündeten in der Levante und damit seinen Einfluss in der Region nicht zu verlieren. Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass sich Iran bereits auf ein Syrien nach Assad vorbereitet. Es gelte, Assad möglichst lange an der Macht zu halten, um gleichzeitig die Interessen in Syrien und Libanon so zu sichern, dass der Verlust des Verbündeten für Iran verkraftbar bleibt (Fulton 2013: 26). Iran unterstützt deshalb neben den offiziellen Truppen Assads auch die syrischen Geheimdienste und regimenahen Milizen: Zum einen, um es einer möglichen neuen Regierung zu erschweren, Syrien als Ganzes zu kontrollieren, und zum anderen, um auch nach dem Assad-Regime weiter Verbündete in der Region zu haben. Diese Taktik hat sich mit der Hizbollah im Libanon und den schiitischen Milizen im Irak bewährt (Fulton 2013: 10).

 

Wer sind "Irans Milizen"?

Ohne sie genauer zu spezifizieren, spricht Dahmān in seinem Artikel von „Iran und seinen Milizen“. Die Lage in Syrien ist äußerst unübersichtlich. Die Milizen, die für Assad kämpfen, lassen sich in zwei Kategorien aufteilen: Erstens innersyrische, oft lokale Milizen, die sich mit Assads Unterstützung gebildet haben, und zweitens schiitische Milizen, die aus den umliegenden Ländern nach Syrien kommen, um schiitische Schreine zu beschützen, aber auch genauso, um Assad an der Macht zu halten. Diese wurden oftmals von Iran gegründet und finanziert und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Syrien unterstützt.

Innerhalb Syriens entstandene Milizen auf Seiten Assads

Es muss zwischen zwei syrischen paramilitärischen Organisationen auf der Seite Assads unterschieden werden: Zwischen der Schabiha[7] und den „Volkskommitees“. Bei der Schabiha handelt es sich um ein kriminelles Schmuggler-Netzwerk, das von Mitgliedern der Assad-Sippe geführt wird und das wegen seiner brutalen Aktivitäten gegenüber der sunnitischen Opposition einen furchteinflößenden Ruf erworben hat.

Die Volkskommitees bestehen aus lokalen Minderheiten, die sich Waffen verschafften, um ihre Umgebung vor Kämpfern der größtenteils sunnitischen Opposition zu beschützen. Dabei handelt es sich nicht ausschließlich um alawitische, sondern auch um Einheiten anderer Minderheiten, wie Christen oder Drusen (Holliday 2013: 16-18). Obwohl sie eine völlig andere Organisation darstellen, werden die Einheiten der „Volkskomitees“ seitens der Opposition oft ebenfalls als Schabiha bezeichnet.

Kurze Zeit nach Beginn der Aufstände begann das Assad-Regime diese Volkskomitees unter dem Namen „Nationale Verteidigungskräfte“[8] neu zu organisieren und zu strukturieren (Fulton 2013: 20). Die einzelnen Einheiten handeln weitestgehend autonom und unterscheiden sich von ihrer Ausstattung und Organisation her sehr voneinander (Lund 2013: 2). Sowohl die Schabiha als auch die Volkskomitees arbeiten eng mit der Armee und den Sicherheitsdiensten zusammen (Holliday 2013: 18).

Iran profitiert von beiden paramilitärischen Organisationen. Die Volkskomitees halten oppositionelle Kräfte auf und verlängern damit die Macht Assads. Iran scheint maßgeblich dazu beigetragen zu haben, eine überregionale Struktur bei diesen Volkskomitees aufgebaut, sowie sie mit Ausstattung und Training versorgt zu haben. Solche Trainings haben möglicherweise sogar in Iran stattgefunden. Mit der Schabiha-Miliz erhofft sich Iran, auch nach dem Untergang des Regimes weiter Einfluss in der Region auszuüben (Fulton 2013: 20). 

Ausländische schiitische Milizen

Die libanesische Hizbollah

Der Niedergang des Assad-Regimes würde für die Hizbollah einen enormen Verlust bedeuten. Sie ist nämlich auf Syrien als Transitland für Waffenlieferungen aus dem Iran angewiesen, genauso wie auf die finanzielle Unterstützung durch die beiden Länder. Außerdem konnte die libanesische Miliz auf syrischem Boden Trainingslager unterhalten und Waffen lagern (Sullivan 2014: 4).

Als regionaler Partner spielt die Hizbollah eine außerordentliche Rolle für Iran in Syrien. Sie arbeitet gemeinsam mit der al-Quds-Einheit und beteiligt sich an Aufbau und Stärkung der pro-Assad-Milizen in Syrien. Als arabischsprachige Miliz kann sie den Iranern sehr behilflich sein (Fulton 2013 21-22).

Ebenso wie Iran hat auch die Hizbollah Schwierigkeiten, ihr Engagement in Syrien zu rechtfertigen. Im Libanon haben immer weniger Menschen Verständnis für ihr Eingreifen auf der Seite Assads. Es hat schon Angriffe auf Hizbollah-Hochburgen in Libanon gegeben. Generalsekretär Nasrallah stellt den Einsatz in Syrien als Konfrontation mit Israel, dem Westen und sunnitischen Extremisten dar (Sullivan 2014: 5).

Die irakischen Milizen

Während des Irak-Kriegs baute Iran mit seiner al-Quds-Einheit schiitische Milizen auf, die sich gegen die US-Besatzung auflehnten. Auch die Hizbollah war an Training und Organisation dieser Milizen im Irak beteiligt. 2013 bestätigten zwei dieser Milizen, die Kata’ib Hizbullah (KH)[9] und die ‘Asa’ib Ahl al-Haqq (AAH),[10] ihren Einsatz in Syrien (Fulton 2013: 23f).

Anlass für das offenkundige Einschreiten der Milizen war die Verteidigung des Schreins der Sayyida Zainabs, der Tochter Alis und Schwester Husseins, im Süden von Damaskus. Dieser Kampfeinsatz wurde mit dem Ausruf „Labaik ya Zainab“ zu einer Verteidigungsaktion des schiitischen Glaubens stilisiert und in Propagandafilmen mit Popsongs untermalt.[11] Obwohl der Schutz dieses Schreins das Ausmaß des Einsatzes Irans und den schiitischen Milizen nicht zu rechtfertigen scheint, ist er nützlich, um zur Verteidigung aller schiitischen Heiligtümer weltweit aufzurufen (Smyth 2015: 4-5). Auf solche Rhetorik wird auch im hier übersetzten Artikel Bezug genommen, wenn es heißt, dass junge Männer „im Rhythmus enthusiastischer Lieder über Rache für die ahl al-bait“ in den Tod geschickt werden.[12] Der Begriff ahl al-bait stammt aus Koran 33:33, wo es heißt: „ (...) Gott will (...) die Unreinheit von euch entfernen, ihr Leute des Hauses, und euch wirklich rein machen“ (Paret 1993: 295). In den meisten Traditionen wird unter den „Leuten des Hauses“ der Prophet Mohammed und seine Angehörigen Ali, Fatima, Hassan und Hussein verstanden, auf deren Verehrung sich die Schia gründet.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass der Schrein der Sayyida Zainab strategisch auf dem Weg zum internationalen Flughafen von Damaskus liegt (Smyth 2015: 4). Die offene Partizipation der iranisch gestützten irakischen Milizen macht auch das Ausmaß deutlich, in welchem Iran sich um Verbündete bemüht, die ihm in der Region nützen könnten (Fulton 2013: 24).

 

Russland als mächtigster Verbündeter Assads

Das Auftreten Russlands als Schutzmacht des Assad-Regimes hat viele Gründe. Es bestehen weitreichende bilaterale Handelsbeziehungen, vor allem im Bereich der Rüstungs- und Energieindustrie. Des weiteren befindet sich der einzige russische Marine-Stützpunkt am Mittelmeer im syrischen Tartus. Syrien ist außerdem der einzige verbliebene Verbündete aus Zeiten der Sowjetunion in der Region. Um im Nahen und Mittleren Osten an Einfluss zu gewinnen und eventuell als Vermittler im Nahostkonflikt infrage zu kommen, benötigt Russland diesen Verbündeten dringend. Putin riskiert mit der zunehmenden Isolation des Assad-Regimes in der arabischen Welt selbst seine Beziehungen zu anderen Staaten der Region zu gefährden.

Vor seiner militärischen Intervention hat Russland Syrien unterstützt, indem es mit seinem Veto im UN-Sicherheitsrat jegliche Resolutionen gegen das Assad-Regime verhinderte. Russland ist nach wie vor der wichtigste Waffenlieferant für die syrische Armee und zieht auch rhetorisch mit Damaskus an einem Strang, indem es beispielsweise vor Terroristen und Extremisten auf der oppositionellen Seite warnt (Klein 2012: 4-6).

Die russische Intervention ab September 2015

Am 30. September 2015 begannen russische Kampfflugzeuge die Bodentruppen der syrischen Armee aus der Luft zu unterstützen. Schnell wurde klar, dass sich die Operationen auf die größtenteils von Regierungstruppen gehaltenen Gebiete im Westen und Nordwesten konzentrierten, wo auch der russische Marinestützpunkt liegt.

Dank des Eingreifens der russischen Streitkräfte konnte das Assad-Regime seine Präsenz zwischen Damaskus und Homs und an der Mittelmeerküste gegen Rebellen-Truppen verteidigen. Aleppo als zweitgrößte Stadt Syriens ist auch noch im September 2016 weiter stark umkämpft.

Der russische Einsatz war von langer Hand geplant, und zwar nicht alleine: mit der Intervention Russlands wurde schnell klar, dass es hier Absprachen mit Iran und den auf der Seite Assads kämpfenden Milizen gegeben hat. Der Leiter der al-Quds-Einheit Sulaimānī habe Moskau mehrmals besucht, berichtet Reuters. Im Gegensatz zu Dahmāns Vorwurf der fehlenden Strategie Irans wird in diesem Bericht geschildert, wie General Sulaimānī seinen russischen Kollegen Lösungen aufzeige, auf welche Weise sie gemeinsam die Verluste Assads wieder wett machen können. Ein leitender russischer Beamter wird zitiert: „The Russians were very alarmed, and felt matters were in steep decline and that there were real dangers to the regime. The Iranians assured them there is still the possibility to reclaim the initiative.“ Und: „At that time, Soleimani played a role in assuring them that we haven't lost all the cards."[13]

Im arabischen Zeitungsartikel wird dieser Umstand ganz anders dargestellt. Darin heißt es, dass „Iran die Streitmächte Russlands anflehte sich ihm anzuschließen, damit sie das gesamte iranische Projekt aus dem mörderischen Dilemma befreien, in dem es feststeckte“.[14] Im März 2016 gab Putin bekannt, die russischen Streitkräfte zögen sich teilweise aus Syrien zurück. Darauf spielt auch Dahmān in seinem Kommentar an. „Diese Veränderung wirkte sich auf die reale iranische Stärke aus, sodass Teheran, das weiterhin die Kämpfe ausweitet, bloßgestellt wurde, nachdem es die Deckung der russischen Luftwaffe verloren hatte“.[15] Russland fliegt nach wie vor Angriffe in Syrien, möglicherweise in eingeschränktem Ausmaß. Die Aussage, Teheran weite weiterhin seine Kämpfe aus, ist nicht haltbar. Es gibt nämlich Berichte, die iranischen Truppen zögen sich größtenteils zurück.[16]

Auch die Aussage, dass sich „bei Russland und Iran unterschiedliche Ziele“ herausgebildet und sie „unterschiedliche Vorgehensweisen“ entwickelt hätten,[17] lässt sich nicht nachvollziehen. Im August 2016 wurde bekannt, dass russische Kampfflugzeuge von iranischem Boden aus starten.[18]

 

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Literaturverzeichnis

 

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Banerjea, Udit: „Revolutionary Intelligence: The Expending Intelligence Role of the Iranian Revolutionary Guard Corps.“ In: Journal of Strategic Security, 8.3 (2015), 92-106.

Becker, Petra: „Syrien: Ein Sunna-Schia-Konflikt?“ In: ZFAS, 8 (2015), 483-493 http://scholarcommons.usf.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1449&context=jss [21.09.2016].

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Howard, I.K.A.: „Ahl-e Bayt“ In: Encyclopaedia Iranica, http://www.iranicaonline.org/articles/ahl-e-bayt [23.09.2016].

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Klein, Margarete: „Russland und der arabische Frühling. Außen- und innenpolitische Herausforderungen.“ In: SWP-Aktuell 4, Stiftung Wissenschaft und Politik. Berlin: 2012 https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2012A04_kle.pdf [21.09.2016].

Knight, Ben: „Wie die Hisbollah Libanons Politik lähmt.“ In: Deutsche Welle, 08.03.2014, http://www.dw.com/de/wie-die-hisbollah-libanons-politik-lähmt/a-17483306 [20.10.2016].

Milani, Mohsen: „Why Teheran Won’t Abandon Assad(ism).“ In: The Washington Quaterly, 36.4 (2013), 79-93 https://www.ciaonet.org/attachments/24384/uploads [21.09.2016].

Nirumand, Bahman: Iran-Report, Ausg.: 09/12, 12/13, 10/14, 02/15, 03/15, 03/16, 06/16, 07/16, Heinrich-Böll-Stiftung. https://www.boell.de/de/tags/iran-report [16.08.2016].

Paret, Rudi: Der Koran. 6. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer, 1993.

Posch, Walter: Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit (Ed.): „Dritte Welt, globaler Islam und Pragmatismus: wie die Außenpolitik Irans gemacht wird.“ In: SWP- Studie 4/2013, Berlin: 2013 http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-362096 [21.09.2016].

Smyth, Philipp: „The Schiite Jihad in Syria and Its Regional Effects.“ In: Policy Focus 138, The Washington Institute for Near East Policy, Washington DC 2015 http://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/view/the-shiite-jihad-in-syria-and-its-regional-effects [20.10.2016].

Sullivan, Marisa: „Hezbollah in Syria.“ In: Middle East Security Report 19, Institute for the Study of War, 2014 http://www.understandingwar.org/sites/default/files/Hezbollah_Sullivan_FINAL.pdf [21.09.2016].

 

 

 

[1] vgl. Übersetzung Z.14.

[2] Mehr zu Hizbollah siehe Kapitel 3.2.1.

[3] Fassihi: „Iran Said to Send Troops to Bolster Syria“, In: The Wallstreet Journal, 27.08.2012, https://web.archive.org/web/20160315015034/http://www.wsj.com/articles/SB10000872396390444230504577615393756632230 [01.11.2016].

[4] Sharafedin: „General Qasem Soleimani: Iran’s Rising Star.“, In: BBC Persian, 06.03.2015, https://web.archive.org/web/20160721151450/http://www.bbc.com/news/world-middle-east-27883162 [01.11.2016].

[5] Vgl. Kapitel 4, Russland als mächtigster Verbündeter Assads.

[6] Vgl. Übersetzung Z.3.

[7] Šabbīḥa: arab. für Geist.

[8] arab.: quwat al-difā‛ al-waṭanī, engl.: National Defense Forces (NDF).

[9] wörtl.: Legionen der Partei Gottes.

[10] Wörtl.: Bund der Familie der Gerechten.

[11] Auf Youtube finden sich mehrere Videos, in denen Lieder zu Zainab mit Bildern von Kämpfern untermalt werden. Gutes Beispiel ist das Video „ya Zainab“ mit über 1,6 Millionen Klicks (Stand 19. August 2016). https://www.youtube.com/watch?v=hv5BzovaaHo [19.08.2016].

[12] vgl. Übersetzung Z. 13.

[13] Bassam und Perry: „How Iranian general plottet out Syrian assault in Moskow.“ https://web.archive.org/web/20161018150447/http://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-soleimani-insigh-idUSKCN0S02BV20151006 [02.11.2016].

[14] vgl. Übersetzung Z.38.

[15] vgl. Übersetzung Z. 61f.

[16] „Report: U.S. Officials Say Iran Pulling Out Ground Troops from Syria.“ https://web.archive.org/web/20160326172718/http://www.haaretz.com/middle-east-news/1.691344 [02.11.2016].

[17] vgl. Übersetzung Z. 56f.

[18] „Russland kämpft in Syrien nun vom Iran aus.“ https://web.archive.org/web/20161102151157/http://www.tagesschau.de/ausland/russland-iran-101.html%20 [02.11.2016]. Am 22.08.2016 gibt Iran bekannt, Russland dürfe iranische Stützpunkte nicht mehr benutzen. Offenbar hätte das Abkommen geheim bleiben sollen.